Das siebenfache Lottchen: What Happened to Monday?

© Splendid Pictures

Um die Überbevölkerung einzudämmen und der Ressourcenverknappung entgegenzuwirken, wird in nicht allzu ferner Zukunft die Ein-Kind-Politik eingeführt. Jedes Paar darf also nur ein Kind haben, bei Mehrlingsgeburten werden alle außer das älteste in Kryoschlaf versetzt, um wieder aufgetaut werden zu können, sollte sich die Situation auf der Welt verbessert haben. Im Jahr 2043 gebiert Karen Settman Siebenlinge und stirbt dabei. Ihr Vater Terrence benennt die Schwestern nach den sieben Wochentagen und zieht sie heimlich auf, ohne dass das Child Allocation Bureau unter der Führung von Nicolette Cayman davon Wind bekommt. Als sie ins schulfähige Alter kommen, darf jeweils nur eine hinaus in die reale Welt und zwar an ihrem Namenstag. Draußen nehmen sie alle die Identität von Karen Settman an. 30 jahre später – Terrence ist mittlerweile verstorben und „Karen“ ist bei einer Bank angestellt – funktioniert dieses Versteckspiel immer noch. Bis Monday eines Tages nicht von der Arbeit heimkehrt und Tuesday tags darauf vom CAB entführt wird.

Einem Film vorzuwerfen, er sei nicht realistisch, hat meist nur einen Grund: Er hat es versäumt, eine nachvollziehbare innere Logik aufzubauen und der Zuschauer kann deshalb zu wenig suspension of disbelief aufbringen. Ereignisse in einem Film müssen nicht in der realen Welt funktionieren, sie müssen es nur im Film tun. Wenn Frodo in Herr der Ringe den Ring über seinen Finger streift und unsichtbar wird, kann man natürlich sagen „Moment, das geht ja überhaupt nicht“. Im Film funktioniert es aber wunderbar, weil es etabliert wird und man es einfach akzeptieren kann. Auf What Happened to Monday? übertragen könnte es also zuerst mal absolut unrealistisch wirken, dass sieben Schwestern Jahrzehnte lang unentdeckt bleiben und niemandem auffällt, dass eine Person siebenmal so viel Essen kauft wie eine derart schlanke Person eigentlich konsumieren müsste. Da es aber nicht darum geht, eine hundert Prozent realistische Situation zu entwerfen, sondern darum eine Geschichte zu erzählen, kann anfangs durchaus über solche Stolpersteine hinweggesehen werden. Ich hätte damit auch kein Problem gehabt, wenn der Film nicht um die 40-Minuten-Marke herum selbst dieses Thema anspricht und Cayman Tuesday vorwerfen lässt, dass die Schwestern aus Egoismus prinzipiell sechs anderen Einzelkindern das Essen weggenommen haben. Während die Szene für sich durchaus Sinn ergibt und zu Caymans Charakterbildung beiträgt, stellt sich der Film insgesamt damit selbst ein Bein und lädt dazu ein, dass der Zuschauer in ein plothole fällt. Derer gibt es leider noch einige mehr, sodass spätestens in der zweiten Hälfte so ziemlich alles mit der Abrissbirne demoliert wird, was bis dahin aufgebaut wurde und interessante Denkansätze durch platte Action und vorhersehbare Twists ersetzt werden.

Dass ein Schauspieler mehrere Rollen übernimmt, ist beileibe nichts Neues. So was sah man bereits in den 1950ern in Heinz-Erhardt-Filmen oder in den 1980ern bei Didi Hallervordern, der beispielsweise in Didi und die Rache der Enterbten ebenfalls sieben Rollen übernahm. Bei so vielen Schwestern in What Happened to Monday? wird hier und da auch mal auf reine Klischeecharaktere zurückgegriffen, aber Noomis Rapaces Schauspiel und vor allem die Tricktechnik hinter der Duplizierung machen diesen Film zumindest in dieser Hinsicht wirklich bemerkenswert. Die Charaktere agieren untereinander so, als wären wirklich mehrere unterschiedliche Menschen zur gleichen Zeit vor Ort. Kameramann José David Montero leistet aber nicht nur in diesen Szenen, sondern über den gesamten Film hinweg solide Arbeit. So vermögen die gut eingefangenen Bilder auch lange nachdem die Story ihre Talfahrt angetreten hat noch das Interesse aufrechterhalten. Willem Dafoe als Terrence und Glenn Close als Cayman glänzen in ihren Rollen, haben aber leider nur sehr wenige Auftritte.

In What Happened to Monday? werden sehr gutes Schauspiel, gute Kameraführung in Kombination mit hervorragenden visuellen Effekten und spannende Ideen an ein zu schwaches Drehbuch verschwendet. Allein für seine Stärken aber ist der Film eine Sichtung wert.

Bewertung: 6/10