Einmal Pacino ohne Alles: Hangman: The Killing Game

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Ray Archer wird von dem Polizisten Will Ruiney aus dem wohlverdienten Ruhestand geholt, als ein Serienkiller sein Unwesen treibt. Täglich tötet dieser einen Menschen und hinterlässt zudem sowohl einen Hinweis auf sein nächstes Opfer als auch einen Buchstaben. Alle zusammen ergeben anscheinend nach Galgenmännchen-Manier schließlich ein Wort, das über die Motivation des Killers Aufschluss geben könnte. Unterstützt wird das Duo von Christi Davies, einer ambitionierten Journalistin, welche die Polizeiarbeit für einen Bericht begleitet.

Die Zeiten, in denen Al Pacino in starken Filmen wie Der Pate oder Der Duft der Frauen glänzte, sind lange vorbei. Genau genommen dürfte es sogar ziemlich schwierig werden, nach Insomnia von 2002 einen guten Film mit ihm zu finden. 2012 wurde er für seinen Auftritt in Adam Sandlers Jack und Jill mit der Goldenen Himbeere in der Kategorie Schlechtester Nebendarsteller „ausgezeichnet“. Dieser Preis wird allerdings hauptsächlich nach Popularität vergeben und sicher kann niemand ernsthaft behaupten, Pacino sei ein schlechter Schauspieler. Das ist er ganz und gar nicht – er spielt einfach nur nicht mehr in guten Filmen mit. Das scheint ihn darüber hinaus herzlich wenig zu interessieren, auch wenn er in einem auf der Blu-Ray enthaltenen Interview krampfhaft versucht, etwas Positives über Hangman zu sagen. Im Film selbst wirkt er eher unmotiviert, abgesehen von den Szenen, in denen er sichtlich improvisiert. Diese vermitteln den Eindruck, als hätte er aus Jux oder zum Aufwärmen das Erstbeste gesagt, was ihm in den Sinn kam, und der Regisseur hätte zu viel Respekt gehabt, einen weiteren Take zu verlangen. Während Karl Urban in Thor: Tag der Entscheidung seine Rolle noch mit einer gewissen spaßigen Selbstironie verkörperte, trägt er in Hangman durchgehend einen derart krampfhaft ernsten Gesichtsausdruck zur Schau, dass nur eine Schlussfolgerung zulässig erscheint: Die ganze Drehzeit über hat ihn wohl ein erpresserischer Scharfschütze im Visier, der gedroht hat, beim geringsten Zucken des Mundwinkels abzudrücken.

Am besten lässt sich der Film aber anhand einer ganz bestimmten Szene beschreiben:
Während der Ermittlungen sitzen die drei Protagonisten im Auto und die Reporterin erzählt den beiden anderen von ihrer Motivation, wieso sie diesen Job angestrebt hat. Auf die emotional aufgeladene Hintergrundgeschichte, die sie nicht vortragen kann, ohne Tränen in den Augen zu haben, folgt eine kurze Stille. Dann sagt Al Pacino „Okay.“, startet den Wagen – und fährt los. Das ist nicht nur der größte unfreiwillige Lacher 2017, sondern an Sinnbildlichkeit nicht mehr zu überbieten. Ein Film wie Hangman: The Killing Game sollte spannend, aufregend, mitreißend sein. Viele Schwächen im Drehbuch und seltsame Entscheidungen im Schauspiel führen aber dazu, dass der Film zwar einmal angeschaut werden kann, danach aber mit einem schulterzuckenden „Okay.“ abgehakt wird.

Die Prämisse von Hangman: The Killing Game ist interessant und der Film technisch solide. Sollte er mal im Fernsehen laufen, können Pacino-, Urban- oder Thrillerfans durchaus gezielt einschalten. Aufgrund des schwachen Drehbuchs sind alle anderen besser damit beraten, stattdessen ein paar Runden Galgenmännchen zu spielen.

Bewertung: 4/10