Otto Wolf bereitet sich auf die Rolle seines Lebens vor: Erich Honecker soll er auf der Bühne darstellen, in einem nicht genehmigten Stück, in dem es um das Ende der DDR geht. Dass es wirklich die Rolle seines Lebens wird, merkt er, als es plötzlich nötig wird, einen von Honecker gegebenen Schießbefehl rückgängig zu machen – schließlich steht das Leben seiner Tochter Anne auf dem Spiel.
Die größte Stärke von Vorwärts immer! ist das Schauspiel. Allen voran Jörg Schüttauf in einer gelungenen Doppelrolle des Staatsschauspielers Otto Wolf beziehungsweise Erich Honecker – letzterer profitiert nicht nur von Schüttaufs Verkörperung, sondern auch von hervorragender Arbeit des Makeup-Departments. Die einzelnen Charaktere sind meist ganz sympathisch angelegt, so zum Beispiel Stephan Grossmanns Rolle, ein liebenswert-trotteliger, quasi-inkompetenter Theaterregisseur. Auch ein Stasi-Duo, das Anne bespitzelt, sorgt für einige Lacher. Generell ist der Humor allerdings leider häufiger auf Slapstick ausgelegt, welcher in Vorwärts immer! nur selten funktioniert. Eine grandiose Möglichkeit lässt sich der Film entgehen, wenn Otto Wolf als Erich Honecker in dessen Haus auf den echten Erich Honecker trifft. Fast wirkt es, als hätte man sich nicht getraut, die beiden in eine legendäre Spiegelbildszene zu stecken, in der Wolf Honeckers Bewegungen synchron imitiert, um diesem vorzugaukeln, er schaue in einen Spiegel. Gerade weil der Film auch sonst einiges kopiert, hätte er hier konsequent sein müssen – zumal Honecker sowieso schon als etwas senil und verwirrt dargestellt wird, was eine solche Szene noch einmal glaubwürdiger gemacht hätte.
Deutsche Kinofilme sind Fernsehproduktionen. Sicher mag es Ausnahmen geben, auf welche diese pauschale Aussage nicht zutrifft, so wie es auch weiße Raben gibt, aber das Gros der deutschen Filme, die im Kino gezeigt werden, scheint beinahe mit aller Gewalt ihren Wahrheitsgehalt untermauern zu wollen. Nicht nur sitzt die ARD Degeto im Produzentensessel, auch optisch hat Vorwärts immer! nichts auf der großen Leinwand zu suchen. Die Kameraführung mag recht solide sein, die Ausleuchtung kommt übers Fernsehniveau jedoch nicht hinaus und entlarvt die verschiedenen Örtlichkeiten als Filmkulissen. Vorwärts immer! wäre vollkommen legitime Abendunterhaltung, hätte er seine Premiere an einem Samstag um 20:15 Uhr bei der ARD gehabt. Stattdessen bringt man ihn ins Kino und liefert den „Deutsche Kinofilme sind Fernsehproduktionen“-Rufern eine weitere Fußnote in ihrer Argumentationsgrundlage. Sieben Fernsehfilme hat Regisseurin Franziska Meletzky seit 2011 gedreht, warum ausgerechnet Vorwärts immer! nun nicht ebenfalls diesem Medium zugedacht wurde, erschließt sich nicht.
Vorwärts immer! wäre als offizieller Fernsehfilm vollkommen in Ordnung, muss es sich durch die Kinoauswertung aber gefallen lassen, dass Abstriche gemacht werden. Gutes Schauspiel des gesamten Casts tröstet über den ein oder anderen misslungenen Gag hinweg.
Bewertung: 5/10