Under Pressure: Matrix Resurrections

©Warner Bros. Pictures Germany

„I don’t suppose you can still fly?“ – „Yeah, that’s not happening.“

Der Druck ist groß, das ist nur allzu verständlich. Der Druck der Produktionsfirmen, der Menschen, die Geld machen wollen, der Fans und die Last des eigenen Anspruchs an visionäre Erfolge der Vergangenheit anzuschließen ohne sich zu wiederholen. Immenser Druck bringt nur im günstigsten Fall großartige Kunstwerke hervor und so ergeht es Matrix Resurrections leider wie vielen Sequels, Prequels, Fortsetzungen nach 20, 25 Jahren etc. – es funktioniert nicht. Flying is not happening.

Neo, der jetzt wieder Thomas Anderson (Keanu Reeves) heißt, ist zurück. Eingegliedert in der Matrix fristet er ein depressives Leben als Game Designer. Immer wieder aufwallende Gefühle, dass etwas nicht stimmt, dass die Welt nicht ist, was sie zu sein scheint und die Sehnsucht nach einer verheirateten Frau, schluckt er mit jeder Menge Pillen und regelmäßigen Treffen bei einem Therapeuten (Neil Patrick Harris) herunter. Schließlich wird seine dreiteilige Spielreihe Matrix zu einem Schlüssel zu seiner Rettung – mithilfe eines virtuellen Morpheus (Yahya Abdul-Mateen II) und der Raumschiff-Kapitänin Bugs (Jessica Henwick) entkommt er der Matrix und kehrt in die echte Welt zurück. Dort entscheidet er sich, auch Trinity (Carrie-Ann Moss) aus der Matrix zu befreien, um wieder mit ihr vereint zu sein.

Matrix Resurrections ist wohl kaum eine vollwertige Auferstehung der Matrix-Trilogie – eher ein unvollkommenes Gespenst, ein kaum zu erkennender Schatten seiner selbst. Der Film ist sich der Schwierigkeit des eigenen Vorhabens durchaus bewusst und schwingt vor allem im ersten Teil des Films den großen Selbstreferenz-Holzhammer. Neos unsympathischer Chef (Jonathan Groff) befiehlt die Fortsetzung der erfolgreichen Game-Trilogie (Warum eigentlich Games? Warum nicht all-in und die Matrix-Reihe als Filmreihe in der Matrix einbetten?), woraufhin sich eine Gruppe der unsympathischsten Menschen der Welt und Neo in einen Meeting-Raum begibt und für das neue Produkt brainstormt. Mehr Action, mehr Blut wird da gefordert, die Zielgruppe müsse bedacht werden und überhaupt war die alte Reihe doch viel zu verkopft. Oder doch nicht? Müsste nicht alles noch verschachtelter werden? Gar keine Action mehr?

Es kommt unweigerlich die Frage auf: Was soll das? Eine feine Analyse der Medien- bzw. Filmwelt? Ein selbstironisches Schulterzucken, das sich schon einmal vorab für die folgenden Filmstunden entschuldigt? Ein Hinweis darauf, dass garantiert nicht jeder Mensch mit dem Film glücklich werden wird? Der Druck ist zu groß? Roter Draht? Blauer Draht? Selbstironie bzw. Selbstreferenz in Filmen kann funktionieren, zuviel davon wird auf Dauer allerdings recht öde – vor allem, wenn sie, wie hier, nur um ihrer selbst willen eingestreut wird. Wo bleibt das Neue? Warum nicht ernsthaft eine andere Geschichte erzählen? Warum Szenen 1:1 wiederholen? Die zusätzlich projizierten Filmszenen aus Matrix sind nicht nur überflüssig, sondern laden beständig zu einem Vergleich ein, den Matrix Resurrections nur verlieren kann – sowohl narrativ als auch visuell.

Die Handlung in Matrix Resurrections ist leider relativ beliebig und vor allem zu Beginn eine recht genaue Wiederholung von Bekanntem. Neo muss aus der Matrix befreit werden, so weit, so klar – leider erschließt sich nicht, warum sich dieser Teil so lange hinziehen muss. In Io, der neuen Stadt der Menschen, trifft Neo die nun recht in die Jahre gekommene Niobe und wird auf den neusten Stand gebracht – ganz interessant, aber leider auch nicht spannend inszeniert. Es folgt eine weitere Rettungsmission aus der Matrix, dieses Mal für Trinity. Außerdem: Faustkämpfe mit Agent Smith (bzw. einer recht uninteressanten Neuinterpretation von Neos Nemesis, die mit der alten Version exakt keine Übereinstimmungen mehr hat – warum also nicht eine neue Figur erfinden? Wo bist du nur, Hugo Weaving!? Wo ist die gestelzte Sprache des Programms? Warum nennt er ihn Tom!?), Verfolgungsjagden, Lack und Leder, ein mit französischem Akzent vorgetragener Monolog darüber, dass früher alles besser war und ein paar Explosionen. Na gut.

Generell gilt: Wenn die Action stimmt, kann die eine oder andere Länge in der Handlung ausgeglichen werden – dann bauen eben Fäuste ein bisschen Spannung auf. Leider funktionieren in Matrix Resurrections nicht einmal die Action-Szenen und damit eines der Steckenpferde der alten Reihe. Sie kranken vor allem an zwei Problemen: in den meisten Szenen ist die Motivation des Kampfes nicht ersichtlich, er erzählt keine Geschichte und wird damit belanglos und langweilig. Hinzu kommt die absolute Zerstückelung jeder Action-Szene durch den Schnitt, der die Kämpfe unübersichtlich, die Bewegungen der Figuren unkenntlich und das Ganze schlicht bedeutungslos macht. Es ist ein Rätsel, warum sich hier nicht mehr getraut wurde, die Darsteller*innen in den Action-Szenen länger als eine halbe Sekunde im Bild zu halten, sodass die Action auch einmal sichtbar wird. Aus John Wick lässt sich ablesen, dass zumindest Keanu Reeves sehr wohl dazu in der Lage wäre. Einziges gutes Action-Detail: aus Hochhäusern klatschende Menschen, die unseren Held*innen den Weg versperren.

Wohin diese eigentlich unterwegs sind und was die Voraussetzungen sind, um sich wieder aus der Matrix heraus zu teleportieren, wird übrigens ebenso wenig klar wie viele andere grundsätzliche Story-Elemente des Films. Niemand erwartet, in einem Matrix-Film jedes Detail erklärt zu bekommen, aber prinzipielle Regeln sollten klargemacht werden, damit eine Immersion und ein Mitfiebern überhaupt möglich wird. Aufgestellte Regeln (wie zum Beispiel: Programme mit Körpern können sich nicht zu weit vom Computer entfernen) sollten einigermaßen konsequent bleiben – sonst brauchen sie gar nicht erst eingeführt werden.

Gibt es etwas Gutes zu sagen? Leider nicht sehr viel. Die Sequenz zu Beginn, die Neos Abdriften in einen deprimierenden, sich ständig wiederholenden Alltag zeigt, ist gut gemacht und fesselnd – ein Fokus hier wäre spannender gewesen. Die Gleichstellung von Neo und Trinity am Ende des Films ist erfreulich und rückt die Ereignisse von Matrix Revolutions noch einmal in ein anderes Licht, auch wenn diese Freude durch die absolute Passivität und Machtlosigkeit Trinitys in den gesamten vorangegangenen Filmminuten getrübt wird. Insgesamt bleibt der Film jedoch – sowohl auf einer narrativen als auch visuellen Ebene – uninspiriert und wenig innovativ.